Cotopaxi – Gletschertour auf 5897 Meter

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Wenn man seinen Körper schon auf 5126 Meter gewöhnt hat, dann kann man auch gleich noch eine Gletschertour auf einen der höchsten aktiven Vulkane der Erde begehen! Der Cotopaxi mit seinen 5897 Meter ist der zweithöchste Berg Ecuadors, und aufgrund seiner Form hat er das Idealbild eines Stratovulkans. Er befindet sich etwa 50 km südlich von Quito und liegt direkt gegenüber vom Iliniza. Der Cotopaxi ist ab etwa 5000 Meter von einem spaltenreichen Gletscher bedeckt. Aufgrund den Bedingungen ist ein erfahrener Bergführer Pflicht! Hierbei kann ich Euch wärmstens die Agentur Gulliver empfehlen.

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Anforderungen und Schwierigkeiten für die Gletschertour

Die Tour auf den Cotopaxi über den nordseitigen Normalweg zählt konditionell zu einer der schwierigsten Vorhaben, welche ich bisher erlebt habe. Der Startpunkt liegt bei etwa 4600 Meter, nach weiteren 1300 hm erreicht man den Gipfel. Da die Wegstrecke nur 3.5 km beträgt, kann man sich sehr gut die Steilheit des Aufstiegs vorstellen. Dazu kommt noch, dass man sich auf einem sehr spaltenreichen Gletscher befindet. Und all diese Herausforderungen finden in einer extremen Höhe auf knapp 6000 Meter statt. Geübte Bergsteiger benötigen ab der Hütte etwa 6-8 Stunden für den strapaziösen Aufstieg, also nichts für schwache Nerven! Der Aufstieg findet in der Nacht statt. Es ist bitterlich kalt und extrem windig. Aus diesem Grund unbedingt extrem warme Klamotten mitnehmen. Ich hatte unter meiner Thermohose noch zwei weitere Hosen an, unter der Windjacke befanden sich ein T-Shirt, ein Longsleeve und eine Fleecejacke. Dazu kamen dann zwei Paar Handschuhe und zwei Buff-Halstüchter.

Tipps gegen die Höhenkrankheit

Stelle Dir folgendes Szenario vor: Du liegst kurz vor dem Gipfelziel im Schnee, übergibst Dich und bist körperlich völlig am Ende. Es ist ein Desaster und ein Albtraum. Das habe ich bei anderen Bergsteigern kurz vor dem Gipfel am Cotopaxi beobachtet. Es war schrecklich zu sehen, was Sauerstoffmangel anrichten kann. Schließlich bewegt man sich ab 5500 m bereits in extremen Höhen, wo der Körper nicht mehr vollständig den Sauerstoffmangel kompensieren kann. Die akute Höhenkrankheit (AMS, Acute Mountain Sickness) ist am Cotopaxi also allgegenwärtig. Ein interessanter Artikel zu dieser Thematik ist übrigens hier. Die nächste Steigerung wäre demnach nur noch die Todeszone ab 7000 m. Was also tun? Zunächst ausreichend Zeit mit Akklimatisierungstouren verbringen. Folgendes Programm hat mir die Höhenkrankheit glücklicherweise erspart bzw. die Symptome deutlich gemildert:

  • 1. Tag: Ankunft in Quito (2850 m)
  • 3. Tag: Bergtour Rucu Pichincha (4696 m)
  • 5. Tag: Bergtour Fuya Fuya (4275 m)
  • 11. Tag: Schnelle Laufrunde am Quilota Loop (3800 m)
  • 14. Tag: Bergtour Pasochoa (4144 m)
  • 15. Tag: Klettertour Iliniza Norte (5126 m)
  • 17. Tag: Ankunft im Refugio José F. Ribas (4864 m)
  • 18. Tag: Hochtour Cotopaxi (5897 m)

Tipp: Man sollte extrem viel trinken, auch wenn man nicht durstig ist, 5-6 Liter täglich. Außerdem sollte man unbedingt Schokolade im Gepäck haben, sie hilft der psychischen Ausdauer. Darüber hinaus haben mir während der gesamten Zeit in großer Höhe Kokablätter sehr geholfen. Diese Heilpflanze ist traditionell sehr weit verbreitet bei den Andenvölkern. Ihre Blätter enthalten viele Nährstoffe und verbessern damit deutlich die Sauerstoffaufnahme im Blut. Damit konnte ich Symptome von AMS, wie beginnende leichte Kurzatmigkeit und Kopfschmerzen, deutlich mildern. Da die Blätter des Kokastrauchs zur Herstellung von Kokain missbraucht werden, ist diese wertvolle Pflanze in Deutschland illegal.

Aufstieg zum Refugio José F. Ribas

Um 15:00 Uhr erreichten wir den Hüttenparkplatz auf 4500 Meter. Die knapp 400 hm zur Hütte sind frustrierend: Obwohl die Hütte nah erscheint, kommt man ihr gefühlt nicht näher. Irgendwann hat man es doch geschafft und kann in das urgemütliche Refugio José F. Ribas einkehren! Eine Karte gibt Auskunft über die Route auf den 5897 Meter hohen Cotopaxi: Wir wählen die Rampa Rompecorazones und der Arista De Yanasacha. Nach einem ausgezeichneten Essen und Kokatee ging es um 19:00 Uhr sehr früh schlafen. Tatsächlich ist dies kaum jemandem gelungen: Das Matratzenlager war ziemlich kalt, die Geräusche laut und die Kurzatmigkeit allgegenwärtig. Nach etwas Halbschlaf ging der Wecker um 23:30 Uhr. Es war bitterlich kalt, kaum vorstellbar, wie es wohl außerhalb der Hütte sei. Nach einem kleinen Snack, vollständiger Zwiebel-Bekleidung mit vier Schichten sowie einer kurzen Prüfung des Equipments für den Gletscher (Helm, Klettergurt, Eispickel und Steigeisen) ging es nun endlich los.

Kampf durch das Gletscherlabyrinth am Cotopaxi

Um 00:15 Uhr verließen wir die Hütte: Eis, Dunkelheit und starke Windböen bei -15 Grad waren unsere neue Welt. Man lief im Lichtkegel der Stirnlampe auf Sicht. An den Stellen, wo Dunkelheit blieb, lauerte entsetzliche Tiefe. Da mein Bergführer und ich die Ersten waren, mussten wir durch Eis und kniehohem Schnee die Spuren legen. Wir wechselten uns ab, es war höllisch anstrengend. 02:50 Uhr: Je höher man kam, desto schwerer wurde die Atmung. Irgendwann dachte ich an das Aufgeben. Als dies der Bergführer erkannte, drohte er mir umzukehren, falls ich mich nicht gleich zusammenreißen sollte. Das verneinte ich vehement und versprach, neue Energie aus der letzten Ecke meines Körpers und Geists zu mobilisieren. Was für eine List meines Bergführers: Wie ich später bemerkte, waren wir mit Abstand die schnellste Seilschaft! Im weiteren Verlauf gab er mir Tipps zur Atemtechnik, was zu einer tiefen Meditation über die nächsten Stunden geführt hatte.

Gipfelglück auf dem Cotopaxi (5897 m)

Inzwischen war es 05:00 Uhr morgens: Bei 5700 m gab es eine Pause mit Tee und Schokolade mit Blick auf Quito. Da ohne Bewegung die Kälte nicht auszuhalten war, ging es nach kurzer Zeit direkt weiter zum finalen Gipfelanstieg. Und um 05:46 Uhr war es so weit: Nach 5 Stunden und 30 Minuten war es geschafft, wir erreichten den Gipfel des Cotopaxi! Da wir weit oberhalb der Wolkendecke auf 5897 Meter waren, war es ein Blick wie aus einem Flugzeugfenster! Das Tal war nicht zu sehen, dafür die anderen Vulkane Cayambe und Chimborazo. Und es war kalt, bitterlich kalt, die Luft dünn und unangenehm schwefelhaltig. Doch all diese Strapazen trübten nicht das unfassbar gute Gefühl, welches mich in diesem Moment durchströmte! Umrandet wurde das Erlebnis von einem Wolkenspiel und den ersten Sonnenstrahlen des Tages. Nach einer obligatorischen Fotosession wurden die toxischen Gase zu gefährlich und wir brachen den Rückweg auf.

Ein schneller Rückweg

Für den Aufstieg im sehr steilen Gelände benötigten wir mehr als fünf Stunden. Hingegen ging der Abstieg auf derselben Route wesentlich schneller. Nun wurde in den ersten Morgenstunden die Spur sichtbar, welchen wir in der Nacht hinauf gestiegen sind. Sie ging an zahlreichen Stellen nur wenige Zentimeter an tiefen Gletscherspalten entlang – Hochachtung an meinen Bergführer, welcher mich stets sicher durch dieses Terrain geführt hatte. An den anderen Stellen, wo es keine Gletscherberührung gab, war ein sehr schnelles Gehen bergab ohne Gefahr möglich. Beim Herunterlaufen begegneten wir leider noch zahlreichen Seilschaften, welche meist aufgrund von akuter Höhenkrankheit nicht mehr in der Lage waren, den Gipfel zu erreichen. Sie wurden sicher von ihren Bergführern hinunter begleitet. Alles in allem war der Abstieg in weniger als 2 Stunden vollbracht, die Hütte José F. Ribas erreichten wir pünktlich zum Frühstück um 7:30 Uhr. Was für eine Nacht!

Hasta luego!
Christian

Die Tour auf den Cotopaxi war einer meiner anstrengendsten Unternehmungen in den Bergen. Welche Berge haben Euch an Euer Limit gebracht? Ich bin sehr gespannt! Schreibt es mir unten in die Kommentare!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Michael

    Ein toller Bericht! Die Tour klingt ebenso faszinierend & empfehlenswert wie gefährlich. Ich finde es gut, dass du auch deine Zeit der Anpassung an die Höhenbegebenheiten schilderst. So weiß ich wie viel Urlaub ich nehmen muss, wenn ich mich von dir inspirieren lasse. 🙂

    1. Christian

      Dankeschön für die lieben Worte. Ja, drei Wochen Urlaub sollten reichen! Viel krasser ist es, wenn man noch höhere Expeditionen im Himalaya unternehmen möchte….

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