Dieser Beitrag beschreibt den Beginn meines ersten Argentinien-Abenteuers in Buenos Aires. Insgesamt habe ich knapp zwei Monate in Buenos Aires verbracht und durfte damit eine facettenreiche Erfahrung mit dieser Weltmetropole machen. Da ich die Nase voll hatte von den klassischen “Top 10 To Do’s in XX”-Artikeln in anderen Reiseblogs, davon gibt es eh schon zu genügend, liegt der Fokus hier auf meine persönlichen Eindrücke. Außerdem soll der Beitrag etwas Hintergrundwissen vermitteln, da man in Deutschland oder Europa leider kaum etwas vom südamerikanischen Kontinent mitbekommt. Daher ist dieser Erlebnisbericht über die Weltstadt Buenos Aires ein bisschen ernster, ein bisschen persönlicher und daher auch ein bisschen ehrlicher, abseits der touristischen Blase.
¡Hola Argentina! – Ein (positiver) Kulturschock
Alles beginnt mit der Nonstop-Verbindung Frankfurt – Buenos Aires, welche mit ihrer 14 Stunden Flugzeit zu einer der längsten Flugverbindungen aus Deutschland zählt. Völlig übermüdet und ohne vernünftiges Zeitgefühl tauchte ich anschließend in ein Land, wo Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft einem entgegen strahlt, jedoch Englisch meist keine Option darstellt! Mit “¡Hola en Argentina señor, te deseo un buen momento!” wurde ich bei der Passkontrolle sehr freundlich begrüßt. Damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet, wo ich doch aus einem Land komme, wo die Begrüßung für Deutsche “Reisepass.” und für Nichtdeutsche “In einer Reihe aufstellen. Make a line.”, mit anschließender Kontrolle durch einen Drogenspürhund, lautet.
Falls Ihr ein paar Tage Aufenthalt in dieser Weltstadt plant, empfehle ich Euch sofort eine “Sube”-Prepaidkarte zu organisieren. Diese aufladbare Karte ist das Zahlungsmittel für öffentliche Verkehrsmittel – Barzahlung ist nämlich dort nicht möglich. Selbstverständlich benötigt man die Sube auch, um kostengünstig die 30 km mit dem Bus Línea 8 vom Flughafen in die Innenstadt zu fahren (ca. 2 US-Dollar). Da mein Spanisch mehr als ungenügend war, dauerte es etwas, bis ich die Notwendigkeit der Sube verstanden habe. Die Einheimischen führten mich jedoch sicher zu einem Kioskstand, halfen mir beim Kauf und gaben mir exakte Wegbeschreibung(en) zu den Bushaltestellen. So freundlich, so herzlich. Ich habe etwas in dieser Form in Deutschland noch nicht erlebt. Die Busfahrt dauerte zwar etwas länger als ein teures Taxi und führte auch durch jeden Vorort, dafür bekommt man auch einen unverfälschten Eindruck über das echte Leben der Menschen in Buenos Aires.
Da manche Bushaltestellen nicht unbedingt ersichtlich sind, ein Haltepunkt kann auch ein markierter Baum sein, hat der Busfahrer mich mit einer jungen Argentinierin bekannt gemacht. Sie konnte ansatzweise Englisch und half mir den korrekten Ausstieg zu finden. Chaotisch und warmherzig zugleich. Nach einer zweistündigen Busfahrt habe ich es dann endlich an das richtige Ziel zu meiner Unterkunft geschafft. Nun erstmal Ankommen und Ausruhen.
Ein Gespür für die Situation der Menschen in Buenos Aires
Argentinien ist sieben Mal so groß wie Deutschland, bei nur 47 Millionen Einwohnern. Knapp ein Drittel davon leben in der Metropolregion Buenos Aires. Das Land ist sehr von politischen und wirtschaftlichen Krisen geprägt, welche ziemlich sichtbar sind. Die Inflationsrate lag 2017 bei 25 %, ein Euro entsprach 16 Peso. Nach der Corona-Pandemie liegt die Teuerungsrate inzwischen bei 95 %, ein Euro entspricht unfassbare 203 Peso. Absurd für mich als Tourist: Je früher ich meine Unterkunft in Peso reserviert habe, desto günstiger wurde es für mich bei der Bezahlung in Euro. Und absolut schrecklich für Einheimische: Die Lebensmittelpreise steigen deutlich schneller als das Einkommen. Dieses Wissen traf mich umso mehr, nachdem ich Freundschaften vor Ort geschlossen hatte. Viele Menschen greifen daher leider zur Gewalt, welche sich in Kriminalität und gewaltsamen Protesten äußert. Buenos Aires ist definitiv keine sichere Stadt – eine weitere Belastung für die Menschen.
Daneben hat Argentinien auch ein dunkles politisches Kapitel, deren Nachwirkung bis heute im Alltag in Buenos Aires spürbar ist. Während der Militärdiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 wurden etwa 30.000 regierungskritische Menschen gefoltert und ermordet. Den Opferfamilien wurden dabei ihre Kinder entführt und von den Militärs entweder selber aufgezogen oder an regimetreue Familien weiter gegeben. Heute bemüht sich die argentinische Regierung um Aufklärung und sucht fieberhaft nach den vermissten Kindern. Obwohl rund 130 verschleppte Kinder heute ihre echten Verwandten gefunden haben, gelten nach wie vor 350 Kinder als vermisst. Den Protest der Angehörigen über dieses Verbrechen konnte ich daher regelmäßig am Sitz des Präsidenten in Buenos Aires beobachten.
Trotz dieser schrecklichen Umstände haben die Argentinier nie ihre Hoffnung und ihre Lebensfreude verloren. Die Herzlichkeit und Lebensfreude konnte ich meinem Alltag in Buenos Aires ständig beobachten, ihr Enthusiasmus für gute Feste ist grenzenlos. Ein prägendes Erlebnis war für mich ein Gespräch mit einem argentinischen Freund bezüglich der ausufernden Inflation in seinem Land. “Argentinien ist am Ende, es ist ein kaputtes Land. Aber was soll ich machen, wenn das Geld morgen kaum noch etwas Wert ist? Lass uns heute damit lieber ein kühles Bier trinken gehen und das Leben genießen.” Ich denke, dieser Satz beschreibt die Leichtigkeit, mit der die Argentinier der schwierigen Situation in ihrem Land (versuchen zu) trotzen, ziemlich gut. Alles in allem ist es unbedingt lohnenswert, mit den Menschen auf der Straße zu sprechen, sich kennenzulernen, zu verabreden und Freundschaften zu schließen.
Sehenswürdigkeiten
Neben den Menschen sind auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten gute Gründe für einen Besuch in der Weltstadt Buenos Aires. Das Zentrum bildet sich rund um die Plaza de Mayo mit ihrem angrenzenden Sitz des argentinischen Präsidenten im Casa Rosada (“Rosa Haus”). Ich habe mir jedoch sagen lassen, dass der Präsident nur für wenige formelle Anlässe hier vor Ort sei. Nichtsdestotrotz ist die Casa Rosada definitiv ein Blickfang. Außerdem befindet sich in direkter Nähe die Avenida 9 de Julio mit dem weltberühmten Obelisken von Buenos Aires, das Wahrzeichen der Stadt schlechthin!
Neben dem Zentrum hebt sich das Stadtviertel La Boca optisch ziemlich ab: Die Häuser wurden hier aus Blechen von abgewrackten Schiffen gebaut und die Wände mit Schiffslack kunterbunt bemalt. So eine Originalität hatte ich zuvor noch nie gesehen. Außerdem befindet sich in La Boca das Fußballstadion La Bonbonera, eines von vielen Stadien in Buenos Aires – typisch für das fußballverrückte Argentinien! Abgesehen davon wird in La Boca an den zahlreichen Straßencafés Tango getanzt. Man sagt, dass der Tango seinen Ursprung aus diesem Viertel hat.
In eine ganz andere Welt kann man im Nobelviertel Recoleta eintauchen. Für mich war dieser Stadtteil ein krasser Gegensatz zu dem restlichen Stadtbild. Es machte mich schon etwas sprachlos, den unverschämten und ungezügelten Reichtum beispielsweise auf dem Cementerio La Recoleta zu sehen. Auf diesem Friedhof haben sich die Reichen und Berühmten ein letztes Denkmal gesetzt. Die imposanten Grabstätten sind dicht gedrängt und ein wahres Symbol der sozialen Ungleichheit in Argentinien. Sehenswert ist es trotzdem und darf bei einem Trip in Buenos Aires definitiv nicht verpasst werden!
Etwas nördlicher vom Cementerio befindet sich die berühmte Floralis Genérica. Die 23 Meter hohe Blume aus Stahl und Aluminium befindet sich im Parque Naciones Unidas, wo man einen entspannten Nachmittag verbringen kann! Hier kann man erst mal die vorherigen Eindrücke verarbeiten. Alternativ lohnt sich da natürlich auch etwas weiter entfernt der Parque El Rosedal und der Jardín Japonés, der japanische Garten. Und falls man mal wirklich ganz aus dem Großstadtdschungel raus muss, dem kann ich das Reserva Ecológica de Buenos Aires wärmstens ans Herz legen. Hier erinnern nur die Hochhäuser von Puerto Madero an die Metropole. Außerdem hat man hier sogar einen Blick auf den Atlantik!
Weitere To Do’s in Buenos Aires
Am Anfang von meinem Beitrag schrieb ich ja über die herzlichen Menschen von Buenos Aires. Dass man hier jedoch ins Gespräch kommen kann, sind ausreichende Spanischkenntnisse unbedingt erforderlich. Ich selber habe die Sprachenschule Expanish, Av. Federico Lacroze 2315, besucht. Sie ist ein definitives Must Do in Buenos Aires!
Gerüstet mit den Basics in Spanisch und dem Wissen, wann man “ser” und “estar” verwendet, zumindest theoretisch, kann man sich nun ja unters Volk mischen. Und wo lernt man Argentinier dann am besten kennen? Natürlich im berüchtigten Nachtleben von Buenos Aires! Die Bars und Clubs sind vor allem im Stadtteil Palermo zu finden. Mir fällt spontan die Rosebar, Honduras 5445, oder das Bayside Buenos Aires, Acceso Punta Carrasco, ein. Die Nacht wird dort definitiv unvergesslich! Und am Tag? Hier kann man ein paar Leute in den zahlreichen Parks anquatschen und sich auf eine Mate-Session einladen lassen!
Bei einer entspannten Mate-Runde kann man natürlich auch die nächsten Schritte seiner Südamerika-Reise skizzieren. Wie wäre es den beispielsweise mit einem kleinen Ausflug ans Ende der Welt? So war das zumindest bei mir…
Saludos,
Christian
Buenos Aires ist ziemlich vielfältig und wird daher gerne auch als “Paris der südlichen Erdhalbkugel” bezeichnet. Ein einziger Artikel wird dieser Weltstadt kaum gerecht. Was sind Eure Erlebnisse in dieser Stadt, welche hier unbedingt aufgezählt werden sollten? Schreibt es mir als Kommentar!